Dienstag, 25. April 2017

Der Blick zurück

Das Gespräch


Ich bin zu tiefst gerührt und auch nachdenklich geworden.


(c) Petra Jahrend


Meine Mutter hat sich mit mir über meine Kindheit unterhalten.
Eigentlich ist dieses Thema bei uns nicht präsent, wieso auch?

Genau sagen, wie wir auf das Thema Kindheit/ Pubertät kamen, kann ich nicht.
Ist, denke ich, aber auch egal.

Jedenfalls hat es bei mir einiges los getreten.

Wir unterhielten uns über unser bisheriges Leben und den  Ereignissen der vergangenen Zeit.
Bis ich anmerkte, das ich auch gern ein anderes Leben geführt hätte, als das mit meinen schmerzenden Beinen.
Meine Mutter stand am Herd und rührte gerade im Kochtopf, als sie den Kopf noch weiter nach vorn senkte. Dann meinte sie:" Was haben wir dich nicht alles gequält. Was haben wir nicht alles unternommen, um dir helfen zu können.Du hast mir so leid getan, Gott was haben wir dich gequält. Sogar an Krebs wurde gedacht."
Meine Mutter atmete tief durch. Ich hatte den Verdacht das sie weinen wollte.
Und da fiel es mir wieder ein.

Ich war irgendwann einmal zu einem Kinderarzt gegangen. Wenn ich mich richtig erinnere wegen einer Erkältung. Mein Vater hatte mich damals begleitet. Und dem Kinderarzt waren meine stämmigen Beine aufgefallen. Der Arzt wollte abklären lassen wieso ich so "kräftig" gebaut wäre.
Er überwies mich an eine Klinik. Und dort wurde ich sehr gründlich untersucht.
Es stimmt, ich wurde SEHR gründlich untersucht.

Meine Mutter leidet sozusagen noch immer darunter, was man mir damals als 9 jähriges Mädchen so an tat, wie sie es nennt.
Jedenfalls  stellte man fest das ich eine zu hohe Konzentration an männlichen Hormonen im Blut hätte.
Damit war es abgetan, wie meine Mutter immer sagt.
Ich kann mich auch noch daran erinnern, das ich mich den Fragen der angehenden Ärzte stellte. Und einige der Studenten mich nach wachsenden Barthaaren fragten.

Damals war unsere Erkrankung nicht weiter bekannt. 
Vielleicht wäre mir wesentlich mehr erspart geblieben, hätte der ein oder andere Arzt heraus gefunden wieso ich so stämmige Beine habe.
Tja, und heute sitze ich hier mit meinen Beinen , die sehr schmerzhaft sind. Und nun sind es nicht nur die Beine sondern auch die Arme.
Seit ich in den Wechseljahren bin kann ich praktisch zusehen wie das Lipödem weiter wächst. Allein in den vergangenen Wochen habe ich ganze 7 kg zugenommen.
Mehr möchte ich nicht dazu schreiben, wie ich mich fühle kann sicherlich jede Frau nachvollziehen.

Immer wieder frage ich mich, wie es meiner Tochter ergeht. Bei ihr ist das Lipödem stark am wachsen. Sie ist ebenfalls sehr früh in die Pubertät gegangen.

(c) Petra Jahrend

Ich würde sehr viel dafür geben mich der Forschung zur Verfügung zu stellen.
Damit anderen Mädchen/ Frauen unser Leid erspart bleibt. 



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