Freitag, 23. Februar 2018

Lipödem Mode-Interview mit Caroline Sprott

Caroline Sprott Chefredakteurin und Inhaberin von

Lipödem Mode

durfte ich interviewen.
(c) Michaela Kern_Caroline Sprott

Herzlichen Dank, liebe Caroline für Dein offenes Interview. Magst Du mir etwas von Deiner Kindheit erzählen?

Sind Dir damals deine Beine schon als zu "dick" aufgefallen?

Caroline:

Wenn ich heute rückblickend Bilder meiner Kindheit sehe, fällt mir nur auf, dass meine Beine nie wirklich deutliche Konturen aufzeigten. Ich war aber leider auch nie zierlich oder normalgewichtig, immer ein paar Kilos darüber. Aber adipös wurde ich erst im Laufe meiner Teenagerzeit, weil ich mich zunehmend zu wenig bewegte für mein Essverhalten. Wenig Essen war noch nie meine Stärke.


Ich erinnere mich immer an meine Oma. Sie trug auch Kompression, ich fand es so hässlich. Heute sind die Kompressionshosen anders gestrickt. Es gibt eine große Auswahl an Farben und Mustern. Würdest Du auch Kompression anziehen bzw. so bewusst offen tragen, wenn sie noch, sagen wir, negativ auffallen würde?

Caroline:

Ich weiß nicht genau, wie ich diese Eigenschaft an mir beschreiben würde. Ist es uneitel, genügsam oder entspannt? Ich muss es umschreiben. Egal, wie die Kompression aussehen würde, sie erfülle ihren Zweck, ungeahnt ihrer Optik und das würde mir reichen. Ich würde nach wie vor das beste aus der Situation machen und auch eine "olle" Farbe würde mir den Tag nicht verderben dürfen. Ich lasse mir von keinem Stück Gewebe meine Lebensfreude nehmen. Für jede Farbe gibt es eine Lösung, da bin ich mir sicher. Not macht doch erfinderisch!

Kaufst Du deine Kleidung nach den Farben Deiner Kompression , oder eher die Kompression nach deiner Bekleidung?

Caroline:

Ich habe meinen Modetick erst mit dem Kompressionen entwickelt. Wahrscheinlich sind die Kompressionen die Quelle meiner Inspiration und ohne sie wäre es nicht das gleiche. Mode macht mir, glaube ich, am meisten wegen der Herausforderung der Kombination mit der Versorgung Spaß. Also würde ich sagen, mein Kleiderschrank muss sich der Kompression fügen.


Welche Erfahrungen hast Du in dem Umgang mit nicht betroffenen Personen gemacht?

Caroline:

Ich bin bisher noch nie auf größeres Unverständnis gestoßen. Ich beschwere mich aber auch nur sehr selten und eher leise in der Öffentlichkeit. Ich bin eher für meinen Frohsinn, als fürs Trübsal blasen bekannt. So kamen meistens die Leute auf mich zu, wenn sie neugierig waren, warum ich Handschuhe im Sommer trage oder wo man so tolle Strümpfe herbekäme. Nein, ich habe glücklicherweise noch eine negativen Erfahrungen bzgl. der Krankheit und ihrer Optik gemacht. Als ich noch 30 Kilo mehr wog, sah das anders aus, aber das lag eben auch am starken Übergewicht. Das ist eine leichte Zielscheibe für negative Kommentare.


Gibt es auch für Dich Momente, wo Du Dir sagst, du möchtest die Kompression nicht mehr tragen?

Caroline:

An den Beinen hat sie mich nie so richtig gestört. Für mich ist eine Strumpfhose und von außen betrachtet Stoff, der dahin gehört. Aber die Armstrümpfe drängen mich regelmäßig an den Rand meiner Willenskraft. Auch im Sommer werden heiße Tage zur Geduldsprobe. Aber Einknicken ist keine Option.


Wie geht Dein Mann damit um, das Du Kompression trägst?

Caroline:

Ihm ist das egal, komplett völlig egal. Wir waren bei der Diagnose und Erstversorgung ein halbes Jahr zusammen und er ließ sich nie beirren. Er machte mir ja auch in meiner ersten Reha den Antrag, voll gewickelt und in doofen Sportklamotten. Da musste ich ihn ja heiraten!


Es gibt Frauen, die mögen sich nicht vor ihrem Mann ausziehen. Ihre Kompression zeigen.
Hast Du dafür einen Tipp?

Caroline:

Ich habe nicht viele Komplexe, aber du hast mich erwischt. Ich ziehe mich zwar vor meinem Mann aus, aber es hat nichts ästhetisches. Es ist reiner Mittel zu Zweck und soll so schnell gehen, wie es geht, ohne albern zu wirken. Ich habe bis zu meinem eigenen kleinen Lipödemphönix-Projekt, diese starke Unsicherheit von mir anzugehen, keine Dessous besessen. Mein Man hat mich wirklich noch nie in Dessous gesehen. Ich hatte nie das Gefühl, dass mein Körper es "wert" wäre, schön verpackt zu werden – für ihn und mein Selbstwertgefühl. Jetzt fange ich an, mich bewusst mit dem Thema Dessous und Kompression auseinanderzusetzen und uns beiden den Gefallen zu tun, diese Hirngespinste aus einem Kopf zu vertreiben.

Was möchtest du den betroffenen Frauen mitteilen?

Caroline:

Arbeitet an euch und den Aspekten, die euch belasten. Man muss sich nicht mit seiner inneren Traurigkeit abfinden, es gibt immer Mittel und Wege, die Lebensqualität zurück zu erkämpfen. Und je mehr man für seine kleinen Ziele gekämpft hat, desto großer ist der Schritt Richtung Zufriedenheit. Meine Reise hält nun schon 10 Jahre an und wenn ich jetzt zurückblicke bin ich von Stolz erfüllt, mich nicht aufgegeben zu haben. Macht das beste aus eurem Leben und kostet es voll aus. Wir haben so wenig Zeit auf dieser Erde und so viel Schönheit zu entdecken. Seid es euch selbst wert.


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